FELDER – Sonderausstellung Naturkundemuseum Leipzig


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Computerbearbeitete Landschaftsbilder, Sonderausstellung vom 08.03.2007 bis 28.05.2007 im Naturkundemuseum Leipzig.

Erschienen

Bearbeitet

Computerbearbeitete Landschaftsbilder

Sonderausstellung vom 08.03.2007 bis 28.05.2007

Naturkundemuseum Leipzig.

Von März bis Mai 2007 wurde im Naturkundemuseum Leipzig die Ausstellung FELDER einem größeren Publikum gezeigt.

Ein einziges großformatiges Schwarz–Weiß–Negativ – mittels 9×12–Planfilmkamera am Rande einer Landstraße in Frankreich entstanden – lieferte das Grundmotiv für die Reihe der gezeigten, digital bearbeiteten seriellen Landschaftskonstruktionen. Ausgehend von dieser Vorlage entstanden durch die Bearbeitung am Rechner neue imaginierte Versionen eines Blicks auf den gleichen Ausschnitt.

Während das Einzelbild für sich noch genug Echtheit behaupten kann, mehrt sich mit jedem weiter hinzukommenden Bild der Zweifel an der Objektivität und Realität der unterschiedlichen FELDER.


Das Naturkundemuseum Leipzig bot diesem Diskurs über Natürlichkeit und Konstruktion innerhalb einer raumspezifischen Ausstellung, sowie eines Workshops für Kinder und Jugendliche, einen anregenden und fruchtenden Rahmen.

Konzept und Vorgehensweise

Ausgangsmaterial ist ein 9×12 Schwarz-Weiß-Negativ das ich 2003 entlang einer Landstraße in Frankreich gemacht habe. Lange Zeit blieb es für mich uninteressant bis ich anfing mich mit Landschaftsdarstellungen zu beschäftigen. Erst griff ich auf farbig fotografierte Überblickslandschaften zurück, die eine Perspektive aus hoher Position auf eine sich in die Ferne hin erstreckende Landschaft erlauben. Als ich dann jedoch wieder auf dieses eine Negativ gestoßen war, fand ich plötzlich die Schlichtheit des Bildes interessant und begann erst diffuse Verläufe hinzuzumontieren die aufgrund der Farbgebung für mich jeweils eine individuelle Atmosphäre entstehen ließen. Dann schlichen sich langsam Hügel, Berge und Himmel am Horizont ein die ich aus anderen Bildern herauslöste und in dieses einbaute. Außerdem kamen mit der Zeit das Licht der Sonne hinzu, das entweder hinter den Bergen diffus durch die Wolkendecke scheint oder direkt auf das Feld knallt und das Bild dadurch “überbelichtet”.

Der sich horizontal erstreckende Graben im unteren Bilddrittel und die Steine, Gräser und anderen Sachen um ihn herum boten sich an auch hier ein weiteres Mal einzugreifen. Zu einigen Bildern kam Wasser im unteren Bildteil hinzu – dies kann mal ruhig aber auch sehr plastisch und gewellt sein, spiegelnd oder matt. Ohne den vorhandenen markanten Graben wäre die Hinzufügung von Wasser eher unwahrscheinlich, da es sich nicht sehr glaubwürdig von dem übrigen Bildinhalt absetzen würde. Im Prinzip ist es eine strenge Konstruktion entlang horizontaler Achsen und nur ein Spiel mit digital erzeugten Farbschichten und Licht. Die Arbeitsweise am Rechner erlaubt durch die Art der Verschmelzung der einzelnen Schichten und ihrer Überlagerung immer wieder neue, einmalige Zusammenstellungen. Ein Nachtbild ist zum Beispiel im Extremfall ein Klick weit entfernt von einem völlig anders aussehenden Tagbild.

Zur Zeit kann ich vier parallele Stränge in der Arbeit ausmachen: Die puristische Landschaft mit monochromen Nebel oder Farbverläufen, der zusätzlich geflutete Graben, die Hinzufügung von diversen Gebirgskonstellationen am Horizont und das Spiel mit Sonneneffekten. Diese Modi werden auch untereinader kombiniert wieder übereinandergelegt oder entlang der Horizontlinie durchgeschnitten und aus unterschiedlichen Bildern miteinander verschmolzen.

Wenn ich mit einem neuen Bild anfange, nehme ich meistens eins der Bilder die mir noch nicht gut gefallen zusammen mit (irgend) einem anderen (oder zwei schlechte davon). Dann versuche ich an dem weniger guten die Schichten neu zu kombinieren oder die Art der Überblendung zu variieren. Diesem Bild werden dann im Verlauf der Bearbeitung immer wieder Kopien seiner selbst zu bestimmten Stadien seines Fortschritts danebengestellt und diese dann wieder individuell bearbeitet und geschichtet. Daher kann auch eine spätere Kopie in dem Entstehungsdatum vor einer niedrigeren Nummer liegen da sie zuerst abgespeichert wurde.Mittlerweile kommt es mir auch nicht mehr auf eine realistische Darstellung an -– ich kann eh nicht beurteilen ob irgendeines der Bilder überhaupt für jemanden echt aussieht oder alle total synthetisch wirken – obwohl man natürlich schon sehr aufpaßt schlechte Bilder auszusieben und damit dann doch letztendlich einem gewissen Realitätsanspruch gerecht werden möchte. Dadurch, daß ich quasi von Anfang an dabei bin, sind alle Bilder unreal in dem Sinne, daß sie natürlich (nicht einmal oder gerade für mich) nicht wirklich das behaupten können was sie zeigen möchten aber natürlich auch in einem anderen Sinne real, da eben alle – ohne Ausnahme – gleich konstruiert und somit in ihrer Wirklichkeit gleichwertig untereinander sind. Man könnte natürlich noch weiter gehen, sich richtig Mühe machen und sie so aussehen lassen als wären sie echt bzw. diejenigen konsequent herauslassen die augenscheinlich nicht echt wirken – ähnlich den gestylten Landschaften auf Reiseplakaten oder den subtil nachkolorierten Hügeln, Bergen und Himmeln die die Werbewelt schon seit jeher bevölkern. Ich glaube mittlerweile hat man sich schon sehr an solche, für das konsumierende Auge, konstruierten Landschaften gewöhnt; Und ich rede jetzt nicht von herkömmlicher und kaum mehr wahrnehmbarer Landschafts- und Gartenarchitektur oder von dem Blick auf das, was wir abseits der Städte echte Natur nennen, die aber dennoch durch jahrhundertelange Tradition systematisch kultiviert wurde. Wenn man die Frage nach Authentizität stellt, dann denke ich, daß ein Bild einzel für sich genommen dem durchaus gerecht werden könnte. Aber in ihrer Fülle, in der endlosen Stapelung der Variationen des gleichen Ausschnitts und der monotonen Reihung lassen sie diesen Anspruch gar nicht mehr aufkommen, sondern machen im Gegenteil skeptisch gegenüber ähnlichen Konstruktionen die uns alltäglich begegnen und die wir gar nicht mehr kritisch zu sehen gewohnt sind.

Das Naturkundemuseum mit seiner langen Tradition des Sammelns und Kategorisierens steht in spannendem Kontrast zu den Landschaften. Vielleicht ist es auch keine wirkliche Gegenüberstellung sondern eine Nebeneinanderstellung; Denn die Art wie die Felder entstehen und geordnet werden steht doch eher in einer Linie mit klassischen Archivierungsmethoden – vielleicht aber auch nicht. Leider weiß ich nicht viel über eben erwähnte klassische Methoden des Archivierens. Die Obsession eine lückenlose Auflistung herzustellen, das Kreisen um den gleichen Gegenstand oder das tableauartige Zur-Schau-Stellen von lediglich hervorragen Exemplaren (ohne Verweis auf den “Lagerfundus”) – ähnliche Ansätze zeigen sich auch bei den Feldern.

Ich habe eine Zeit lang als Aufsicht im Naturkundemuseum gearbeitet und viel von der Atmosphäre des Hauses mitbekommen – diese fast schon kontemplative Ruhe und Gelassenheit die sich in den Exponaten wiederspiegelt (stark verstärkt durch die Architektur des Hauses), das stille In-Sich-Sein der vielen Dermoplastiken, Fossilien und Ausgrabungsstücke zeugt immer von einem Labyrinth des Vergangenen und Fremden, von Verschlossenem und unerreicht Exotischem durch das man fast berührungslos staunend hin- und herwandert. Ich hoffe meine Arbeit kann sich hier anschließen. Die Arbeit besteht aus diversen präzise konstruierten Landschaften, die von ein und der gleichen Grundvoraussetzung ausgehen und jeweils dem gleichen visuellen und arithmetischen Code unterliegen. Da sie vor allem aufgrund der digitalen Bearbeitung mittels computergestützten „Effekten“ und Paletten dem Diktum einer speziellen fundamentalistischen und ideellen Norm im Besonderen unterliegen, positionieren sie sich vor dem Hintergrund traditioneller Landschaftsdarstellungen als vergleichsweise irreal. Die zeitliche als auch topografische Unbestimmtheit in den Landschaften ist ein wesentliches Merkmal der Serie.

Die Bilder zeigen Situationen, die jenseits aller utilitaristischer Konstruktionen in sich ruhend als fast schon heilige oder mystische Orte ihre Wirkung entfalten. Sie verbildlichen einen Moment der Ruhe, der als Ergebnis lange wirkender Naturgesetze entstanden zu sein scheint und der im Kontrast zu den nervösen, nie zum Stillstand kommenden und zweckgebundenen metropolitanen Ballungen der industrialisierten und globalisierten Welten steht. Die Landschaften versuchen einerseits durch die geometrische und zentralperspektivisch gestaffelte Komposition eine vertraute Lesbarkeit zu ermöglichen und andererseits durch ihre Purität und Geschlossenheit eine Intimität zum Betrachter herzustellen. Heterogene Landschaftselemente, stark variierendes Licht, psychologisierende Perspektiven, spezielle Verweise auf menschliche Handlungen oder vergleichbar leitende Faktoren sind in den Bildern nicht präsent um für den Betrachter keinen definitorischen Ansatzpunkt vorzugeben. Aufgrund der zelebrierten Offenheit und Ungebundenheit kommt in den Landschaften auch der Kontrast zwischen privatem und öffentlichem Raum zum Vorschein: Es sind zeitlich als auch räumlich dezentralisierte utopische Kulissen, die für jeden Betrachter einheitliche Projektionsflächen bieten, die weil sie vielmehr eine intime und persönliche Seelenlandschaft darstellen die von der Realität abgekoppelt zu sein scheint als daß sie eine empirische Referenz spezieller Naturgegebenheiten wären, den unruhigen, nervösen und unsicheren individualistischen Erwartungshaltungen eine plane und zum Stillstand gekommene Plattform zu bieten im Stande sind.

Die Bildkonstruktionen sind deshalb utopisch, da sie Plazierungen ohne wirklichen Ort und ohne wirkliche Zeit sind. Es sind additiv aufgebaute Perfektionierungen der Kombinationsmöglichkeiten vor einem realen, ihnen entgegengesetzten Naturhintergrund; Weiter sind sie Verdichtungen und Entschleunigungen von Prozessen und gleichzeitig Residuen einer ideellen, von limitierenden Zeitfaktoren bereinigte Möglichkeiten der Realität. Ebenso zelebrieren sie eine radikale Abwesenheit, eine Isolation und infolgedessen eine Autonomie des Unbestimmten, Unkonkretisierbaren, nicht Kausalen. So gibt es im Unter- oder Nebeneinander der Bilder kein Davor oder Danach, sondern nur jeweils gleichwertige Hypothesen und Propositionen von Möglichkeiten des real Geglaubten, die obwohl sie von Realitätsbezügen nicht völlig freigemacht sind, doch vielmehr Ähnlichkeit zu Träumen aufweisen, die nicht logisch an Zeit, an Kontinuität und Kausalität gebunden sind. Sie sind weniger eine normative oder präskriptive Behauptung als vielmehr ein pures Setzen von Möglichkeiten. Die Landschaften visualisieren mögliche (vergangene und kommende) Landschaften, deren Existenz dennoch niemals in der gezeigten Art realisiert werden kann und in keiner Weise den Anspruch auf eine wie auch immer geartete Form einer Definition von Realität vornehmen. Paradoxerweise negiert gerade die versuchte visuelle Konkretisierung einer möglichen Situation einen Abgleich mit „realen“, tatsächlich existierenden Zuständen, da eine exakte Kongruenz niemals zu erreichen ist. Die Thematik der Bilder impliziert ein Ankommen, einen Prozess, ein Warten auf einen finalen im eigenen Leben wahrnehmbaren Zustand, eine Konkretisierung des Abstrakten das nur als ideelles Konzept konstruiert zu sein scheint. Ausgehend von der konzentrischen, punktuellen sowie individualistischen Situation des Subjektes manifestiert und konkretisiert sich die Zeit in den Bildern im jedem einzelnen Betrachter und nimmt Einfluß auf seine Ideale in Form eines ersehnten Prozesses und gerinnt damit in der Konsequenz zum Spiegelbild der individualistischen Präferenzen.

Durch die Art der Bearbeitung errmöglichen sie eine quasi unendliche Möglichkeit der Variation und erlauben gleichzeitig dem Betrachter eine ebenso unendliche räumliche wie zeitliche Verortung einerseits innerhalb seiner eigenen „Seelenlandschaft“ und andererseits im Abgleich mit den Ausprägungen der ihm als real erscheinenden Welt. Die in die Unendlichkeit verweisende Variation spiegelt sich zum Einen in der ziellosen Abfolge der Serie, da jedes einzelne Bild zwar zu (s)einem Abschluß kommt, die Gesamtheit der Bilder sich aber stets im Prozess befindet, mit jedem neu hinzugefügten Bild restrukturiert wird und die Serie somit stets prozessual bleibt. Die Akkumulation von zeitlichen Zuständen, die in die Landschaften mittels visueller Codes übersetzt werden geht stets von der gleichen Grundstruktur aus und komplementiert die vorher entstandenen Landschaften ohne sich ein innehaltendes Endstadium oder ein absolut finales Ziel setzen zu wollen. Es passiert nichts Neues und Spektakuläres und Vergangenes hinterläßt keine lesbaren, kausalen Spuren. Die antizipierte Entwicklung des Betrachters ist rein illusorisch. Die mittels Computerprogrammen und digitalen Filtern bearbeiteten Bilder ent-schleunigen den vom Betrachter imaginierten unendlichen und zyklischen Naturprozess. Mit Mitteln der Malerei werden die Zustände in den Bildern extrem verlangsamt und für den Betrachter schließlich komplett zum Stillstand gebracht, so daß eine konzentrierte Betrachtung eines einzigen Zustandes, einer spezifischen Ansicht möglich wird. Aus dieser konkreten Position heraus entfalten sich jedoch im nächsten Schritt alle potenziell möglichen Zustände und bringen die Bilder für den Betrachter wieder in Bewegung. Ausgehend von dem visuell konkret fixierten Jetzt-Punkt in den Landschaften, verweisen die Bilder im selben Moment auch auf mögliche Abweichungen dieses Zustandes, bedienen sich individuell erlebter Veränderungen aus dem Zeitbewußtsein des Betrachters, der das Vorherige und Kommende streng logisch und konstruktiv als auch frei, destruktiv und anarchisch imaginieren kann. Die Modifikationen auf der Zeitskala des Betrachter die sich konzentrisch wie Wellen um die konstruierte Gegenwart der Bilder, wie Schalen um den einen präsentierten Zustand legen und ihn immer als Zentrum der Betrachtung und der weiteren Konstruktion behalten müssen, können nur zeitlich gelesen werden. Die Landschaften mögen zwar reale Situationen vorgeben, verweisen aber auf den zweiten Blick aufgrund ihrer Kompositionen, der Farbgebung und nicht zuletzt im Kontext aller anderen, fast identischen Bilder stets ins Irreale und leiten den Betrachter dazu an, die dargestellten Zustände in ihrer Konkretheit und Echtheit sowie die vorgegebene Fixierung innerhalb einer „historischen Zeitlichkeit“ radikal anzuzweifeln. Deshalb entspringen ähnliche aber nun vom Betrachter autonom generierte Konkurrenzbilder aus ihnen, die sich in ihrer visuellen Konstruktion bzw. Manifestation wie Verschiebungen auf einer linearen Zeitskala („timeline“) verstehen lassen könnten – Also zeitliche Vorwegnahmen kommender Zustände oder korrigierte realistischere Versionen der Landschaften zu einem früheren Stadium. Das Bewußtsein erschöpft sich darin, das imaginäre Schauspiel zu erfassen, die Ereignisse durch antizipatorische Schemata vorherzusehen, imaginäre Berge, Gewässer und Wiesen zu synthetisieren oder tageszeittypische Lichtsituationen zu konstruieren. Die Landschaften können als zum Stillstand gekommene Naturphänomene betrachtet werden, als im Hintergrund wirkendes Destillat rhythmischer Konstellationen. Sie können als stille Bühnen für mögliche Situationen und Handlungsabfolgen fungieren und bleiben dennoch möglichst neutral in ihrer jeweiligen Wertung bezüglich der imaginierten Situationen. Die imaginierten Schauplätze oszillieren in ihrer Variation jeweils genau zwischen dem gezeigten Jetzt-Zustand im momentan betrachteten Bild und einer anderen konkreten Situation eines anderen Bildes. Die Möglichkeiten einer vom Betrachter imaginierten Situation sind durch die konkretisierten Manifestationen in den einzelnen Bildern vordefiniert. Die nur unwesentlich variierenden Landschaften bilden zugleich Pole irreeller Konkretisierungen als auch feste Markierungen, die für die imaginäre Wanderung des Betrachters „zwischen den Landschaften“ verpflichtend sind und zeitlich davor oder danach anzusiedeln sind, aber niemals als rivalisierende, parallele, gleichzeitige Situationen. Man muß aber auch erwähnen, daß entgegengesetzt zu der beschriebenen und vom Betrachter automatisch vorgenommenen klassischen Aufteilung in Zeitebenen mit der konkreten Landschaft als einem punktuellen Zentrum, die einzelnen Versionen in den Bildern dennoch keiner Proritätsstruktur unterliegen und eine verbildlichte Situation im Verhältnis zu einer anderen Verbildlichung keine Gewichtung hat.

Die einzelnen Modi der Landschaften mit den spezifischen geografischen Besonderheiten sind aufgrund der Vereinheitlichung mittels Farbe und Struktur der Komposition als nivelliert und gleichwertig zu betrachten. Im Prinzip bietet jede einzelne Landschaft äquivalente Möglichkeiten der Modifikation. Dies führt dazu, daß das Nebeneinander der Bilder als „solidarische Gemeinschaft“ verstanden wird; Und obgleich sie eine sichtbare Un-Natürlichkeit proklamieren, bekommt jedes einzelne konkrete Bild aufgrund der gleichen Potenz zur Transzendenz des dargestellten Zustandes einen objektiven Charakter. So wie ich als Künstler, bevor eine neue Version einer Landschaft gebaut werden kann, zwischen den Möglichkeiten der bereits vorhandenen hin- und herwandern und über diese Hinausgehen muß, muß auch der Betrachter seine Extrapolationen an den bereits existierenden Landschaftsmodi anlehnen und mit seinen gedanklichen Konstruktionen zu diesen Bezug nehmen. Ich schaffe mit einer Landschaft nicht nur ein universelles Vorbild für den Imaginationsraum des Betrachter sondern bin es auch in dem Sinne, daß ich Positionen besetzte und diese als noch zu imaginierende und realisierende Möglichkeit zeitlich dem Betrachter durch eine Konkretisierung vorwegnehme ohne jedoch Klarheit über die topografische oder zeitliche Positionierung zu geben oder gar eine kausale Verbindung unter den Bildern zu etablieren. Das letzte Bild, dasjenige das mit seinem Entstehungsdatum zeitlich am nächsten an der gemeinsamen Betrachter- und Schöpfergegenwart dran ist, gewinnt nur dadurch eine Sonderstellung (und dies auch nur für mich als Künstler da die Datierung dem Betrachter nicht ersichtlich ist und sich die Bilder nicht als chronologische Stapelung und Akkumulation verschiedener Modi präsentieren), daß zum Zeitpunkt seiner Visualisierung und darauffolgenden Eingliederung bzw. Untermischung in den Fundus der vorherigen Landschaften, es innerhalb der (noch möglichen) Sujetsmodifikationen dasjenige gewesen ist das am wahrscheinlichsten in der Natur und in Übereinstimmung mit einem logischen Realitätsmodell antizipiert werden konnte. Jede weitere Bildkonstruktion gewinnt nur für mich stetig an Wert, schöpft und erschafft noch nicht dagewesene oder bereits nicht mehr nachvollziehbare Realitäten und Zeitpunkte, da die verbleibenden möglichen Modifikationen im Rahmen der bis dato konsequent benutzten Farb-, Kompositions- oder Sujetsstrukturen und innerhalb der selbstauferlegten topografischen und zeitlichen Eingrenzung mit jedem weiteren Bild rapide abnehmen und nur mit dem Preis der Repetition, der Langeweile, des Klischees oder der Unglaubwürdigkeit erkauft werden können. Der Zeitpunkt der Entstehung ist keineswegs an den physischen Platz und die tatsächlichen örtlichen oder zeitlichen Faktoren gebunden, sondern an dasjenige (in Bezug zur optischen Konkretisierung willkürliche, unfixierbare und bereits digital transzendierte) Datum der Fertigstellung eines Exemplars am Computer. Die Materialität der Landschaften in den Bildern unterliegt genauso der Kontingenz wie dies auch „reale“ Landschaften tun – die Abfolge und Anordnung bestimmter Objekte in einer natürlichen Umgebung unterliegt nicht nur dem individuellen Standpunkt des Menschen, sondern fern seiner Position auch einer durchaus kausalen und logischen aber als zufällig zu bezeichnenden Raum- und Zeitkonstellation. Dies mag ein weiterer Grund für die vom Betrachterstandpunkt initiierte Reflexion und Neu-Kombination der visuell wahrgenommenen Zustände zu sein, die trotzt der angezweifelten Echtheit der Konstellationen diese vor dem Hintergrund eines zumeist als total kontingent kategorisierten Lebens fokussieren muß. Ob die Situationen der Bilder nun tatsächlich in ihrer vehement und exakt propagierten Kohärenz als solche fotografisch zu unterschiedlichen Zeitpunkten wahrnehmbar waren oder diese einer mehr oder weniger zentral ausgeübten, subjektiven künstlerischen Konstruktion unterliegen die die Auswirkungen von Naturgesetzen einerseits als Destillat unendlich heterogener Zustände, andererseits als geronnene, in einer singulären Position zum Stillstand gekommene Zeit oder schließlich als fiktiver Zeitraffer einer Situation in der Vergangenheit oder der Zukunft zu konterkarrieren scheinen, spielt für die in reale und empirische Kategorien eingebettete Akzeptanz der Bilder durch den Betrachters letztendlich eine untergeordnete Rolle.

Ausgehend von einem flexiblen Kern, der die bereits fixierten Landschaftskonstellationen unhierarchisch enthält, entfaltet sich um diesen herum die Sphäre der kurz bevorstehenden, mit den etablierten Strukturen logisch widerspruchsfrei zu konstruierenden Landschaften, die mit dem Zeitpunkt ihres Entstehens aus dieser Sphäre verschwinden und in den Kern wandern, diesen erweitern und neu zusammenstellen. Dieser Ring zieht sich für mich mit jeder neuen Version eines Bildes immer enger zusammen bis er zukünftig verschwinden wird. Um diese sich stets in Bewegung befindliche Sphäre kreist die Zone der ins Unendliche verweisenden Möglichkeiten – also alle denkbaren Variationen – diejenigen latenten Entwürfe die ich reibungslos einfügen als auch rivalisierende Versionen der Modelle, die das bisher etablierte vereinheitlichende Element zerstören würden. Nach dem Konkretisieren aller innerhalb des Schemas logischen möglichen Derrivate und dem gleichzeitigen Verschwinden des mittleren Ringes, stehen sich dann nur noch streng abgegrenzt alle Visualisierungen und alle noch vom Betrachter imaginierten Landschaften konträr gegenüber. Eine Vermittlung zwischen diesen beiden Bereichen scheint dann ohne ein fundamentales Modifizieren des Grundschemas aller vorherigen Bilder unmöglich. Die empirisch wahrnehmbare Realität des Betrachters ist im Zusammenhang eines einzigen Bildes derart dominant, daß dieses in seiner Isolation vor dem Hintergrund dieser stringenten Realitätsauffassung automatisch „real“ gemacht wird. Die eventuell angebrachten Zweifel äußern sich nur im Kontext mehrerer uniformer Bilder, die vor einem solchen Realitätshintergrund kategorisiert werden müssen; Erst mit diesem Nebeneinanderstellen minimaler Abweichungen kann ein genereller Zweifel an der Realität aller Bilder zum Vorschein kommen. Das sozialisierte Realitätskonzept wird aber mit jeder neuen an das vorherige Schema angelehnten Manifestation einer weiteren Landschaft perforiert und sukzessive durch ein widerspruchsfreies und sich scheinbar der Vollständigkeit annäherndes Konzept der Landschaftsvariationen substituiert so daß jede neue hinzukommende Variation immer mehr im Kontext des durch seine selbstreferentiellen Vorgänger etablierten Konkurrenzmodells betrachtet werden muß und der Betrachter das alte Modell seiner Realität in diesem Zusammenhang als nicht mehr tauglich ansieht. Natürlich ist es grob fahrlässig von „alt“ und „neu“ zu sprechen da es keinen definitiven punktuellen Umschwung geben kann – vielmehr macht es Sinn einen feinen, gradiellen, subjektiv nicht feststellbaren Verlauf innerhalb zweier kontradiktorischer Pole anzunehmen.

Computerbearbeitete Landschaftsbilder

Sonderausstellung vom 08.03.2007 bis 28.05.2007

Naturkundemuseum Leipzig.

Von März bis Mai 2007 wurde im Naturkundemuseum Leipzig die Ausstellung FELDER einem größeren Publikum gezeigt.

Ein einziges großformatiges Schwarz–Weiß–Negativ – mittels 9×12–Planfilmkamera am Rande einer Landstraße in Frankreich entstanden – lieferte das Grundmotiv für die Reihe der gezeigten, digital bearbeiteten seriellen Landschaftskonstruktionen. Ausgehend von dieser Vorlage entstanden durch die Bearbeitung am Rechner neue imaginierte Versionen eines Blicks auf den gleichen Ausschnitt.

Während das Einzelbild für sich noch genug Echtheit behaupten kann, mehrt sich mit jedem weiter hinzukommenden Bild der Zweifel an der Objektivität und Realität der unterschiedlichen FELDER.


Das Naturkundemuseum Leipzig bot diesem Diskurs über Natürlichkeit und Konstruktion innerhalb einer raumspezifischen Ausstellung, sowie eines Workshops für Kinder und Jugendliche, einen anregenden und fruchtenden Rahmen.

Konzept und Vorgehensweise

Ausgangsmaterial ist ein 9×12 Schwarz-Weiß-Negativ das ich 2003 entlang einer Landstraße in Frankreich gemacht habe. Lange Zeit blieb es für mich uninteressant bis ich anfing mich mit Landschaftsdarstellungen zu beschäftigen. Erst griff ich auf farbig fotografierte Überblickslandschaften zurück, die eine Perspektive aus hoher Position auf eine sich in die Ferne hin erstreckende Landschaft erlauben. Als ich dann jedoch wieder auf dieses eine Negativ gestoßen war, fand ich plötzlich die Schlichtheit des Bildes interessant und begann erst diffuse Verläufe hinzuzumontieren die aufgrund der Farbgebung für mich jeweils eine individuelle Atmosphäre entstehen ließen. Dann schlichen sich langsam Hügel, Berge und Himmel am Horizont ein die ich aus anderen Bildern herauslöste und in dieses einbaute. Außerdem kamen mit der Zeit das Licht der Sonne hinzu, das entweder hinter den Bergen diffus durch die Wolkendecke scheint oder direkt auf das Feld knallt und das Bild dadurch “überbelichtet”.

Der sich horizontal erstreckende Graben im unteren Bilddrittel und die Steine, Gräser und anderen Sachen um ihn herum boten sich an auch hier ein weiteres Mal einzugreifen. Zu einigen Bildern kam Wasser im unteren Bildteil hinzu – dies kann mal ruhig aber auch sehr plastisch und gewellt sein, spiegelnd oder matt. Ohne den vorhandenen markanten Graben wäre die Hinzufügung von Wasser eher unwahrscheinlich, da es sich nicht sehr glaubwürdig von dem übrigen Bildinhalt absetzen würde. Im Prinzip ist es eine strenge Konstruktion entlang horizontaler Achsen und nur ein Spiel mit digital erzeugten Farbschichten und Licht. Die Arbeitsweise am Rechner erlaubt durch die Art der Verschmelzung der einzelnen Schichten und ihrer Überlagerung immer wieder neue, einmalige Zusammenstellungen. Ein Nachtbild ist zum Beispiel im Extremfall ein Klick weit entfernt von einem völlig anders aussehenden Tagbild.

Zur Zeit kann ich vier parallele Stränge in der Arbeit ausmachen: Die puristische Landschaft mit monochromen Nebel oder Farbverläufen, der zusätzlich geflutete Graben, die Hinzufügung von diversen Gebirgskonstellationen am Horizont und das Spiel mit Sonneneffekten. Diese Modi werden auch untereinader kombiniert wieder übereinandergelegt oder entlang der Horizontlinie durchgeschnitten und aus unterschiedlichen Bildern miteinander verschmolzen.

Wenn ich mit einem neuen Bild anfange, nehme ich meistens eins der Bilder die mir noch nicht gut gefallen zusammen mit (irgend) einem anderen (oder zwei schlechte davon). Dann versuche ich an dem weniger guten die Schichten neu zu kombinieren oder die Art der Überblendung zu variieren. Diesem Bild werden dann im Verlauf der Bearbeitung immer wieder Kopien seiner selbst zu bestimmten Stadien seines Fortschritts danebengestellt und diese dann wieder individuell bearbeitet und geschichtet. Daher kann auch eine spätere Kopie in dem Entstehungsdatum vor einer niedrigeren Nummer liegen da sie zuerst abgespeichert wurde.Mittlerweile kommt es mir auch nicht mehr auf eine realistische Darstellung an -– ich kann eh nicht beurteilen ob irgendeines der Bilder überhaupt für jemanden echt aussieht oder alle total synthetisch wirken – obwohl man natürlich schon sehr aufpaßt schlechte Bilder auszusieben und damit dann doch letztendlich einem gewissen Realitätsanspruch gerecht werden möchte. Dadurch, daß ich quasi von Anfang an dabei bin, sind alle Bilder unreal in dem Sinne, daß sie natürlich (nicht einmal oder gerade für mich) nicht wirklich das behaupten können was sie zeigen möchten aber natürlich auch in einem anderen Sinne real, da eben alle – ohne Ausnahme – gleich konstruiert und somit in ihrer Wirklichkeit gleichwertig untereinander sind. Man könnte natürlich noch weiter gehen, sich richtig Mühe machen und sie so aussehen lassen als wären sie echt bzw. diejenigen konsequent herauslassen die augenscheinlich nicht echt wirken – ähnlich den gestylten Landschaften auf Reiseplakaten oder den subtil nachkolorierten Hügeln, Bergen und Himmeln die die Werbewelt schon seit jeher bevölkern. Ich glaube mittlerweile hat man sich schon sehr an solche, für das konsumierende Auge, konstruierten Landschaften gewöhnt; Und ich rede jetzt nicht von herkömmlicher und kaum mehr wahrnehmbarer Landschafts- und Gartenarchitektur oder von dem Blick auf das, was wir abseits der Städte echte Natur nennen, die aber dennoch durch jahrhundertelange Tradition systematisch kultiviert wurde. Wenn man die Frage nach Authentizität stellt, dann denke ich, daß ein Bild einzel für sich genommen dem durchaus gerecht werden könnte. Aber in ihrer Fülle, in der endlosen Stapelung der Variationen des gleichen Ausschnitts und der monotonen Reihung lassen sie diesen Anspruch gar nicht mehr aufkommen, sondern machen im Gegenteil skeptisch gegenüber ähnlichen Konstruktionen die uns alltäglich begegnen und die wir gar nicht mehr kritisch zu sehen gewohnt sind.

Das Naturkundemuseum mit seiner langen Tradition des Sammelns und Kategorisierens steht in spannendem Kontrast zu den Landschaften. Vielleicht ist es auch keine wirkliche Gegenüberstellung sondern eine Nebeneinanderstellung; Denn die Art wie die Felder entstehen und geordnet werden steht doch eher in einer Linie mit klassischen Archivierungsmethoden – vielleicht aber auch nicht. Leider weiß ich nicht viel über eben erwähnte klassische Methoden des Archivierens. Die Obsession eine lückenlose Auflistung herzustellen, das Kreisen um den gleichen Gegenstand oder das tableauartige Zur-Schau-Stellen von lediglich hervorragen Exemplaren (ohne Verweis auf den “Lagerfundus”) – ähnliche Ansätze zeigen sich auch bei den Feldern.

Ich habe eine Zeit lang als Aufsicht im Naturkundemuseum gearbeitet und viel von der Atmosphäre des Hauses mitbekommen – diese fast schon kontemplative Ruhe und Gelassenheit die sich in den Exponaten wiederspiegelt (stark verstärkt durch die Architektur des Hauses), das stille In-Sich-Sein der vielen Dermoplastiken, Fossilien und Ausgrabungsstücke zeugt immer von einem Labyrinth des Vergangenen und Fremden, von Verschlossenem und unerreicht Exotischem durch das man fast berührungslos staunend hin- und herwandert. Ich hoffe meine Arbeit kann sich hier anschließen. Die Arbeit besteht aus diversen präzise konstruierten Landschaften, die von ein und der gleichen Grundvoraussetzung ausgehen und jeweils dem gleichen visuellen und arithmetischen Code unterliegen. Da sie vor allem aufgrund der digitalen Bearbeitung mittels computergestützten „Effekten“ und Paletten dem Diktum einer speziellen fundamentalistischen und ideellen Norm im Besonderen unterliegen, positionieren sie sich vor dem Hintergrund traditioneller Landschaftsdarstellungen als vergleichsweise irreal. Die zeitliche als auch topografische Unbestimmtheit in den Landschaften ist ein wesentliches Merkmal der Serie.

Die Bilder zeigen Situationen, die jenseits aller utilitaristischer Konstruktionen in sich ruhend als fast schon heilige oder mystische Orte ihre Wirkung entfalten. Sie verbildlichen einen Moment der Ruhe, der als Ergebnis lange wirkender Naturgesetze entstanden zu sein scheint und der im Kontrast zu den nervösen, nie zum Stillstand kommenden und zweckgebundenen metropolitanen Ballungen der industrialisierten und globalisierten Welten steht. Die Landschaften versuchen einerseits durch die geometrische und zentralperspektivisch gestaffelte Komposition eine vertraute Lesbarkeit zu ermöglichen und andererseits durch ihre Purität und Geschlossenheit eine Intimität zum Betrachter herzustellen. Heterogene Landschaftselemente, stark variierendes Licht, psychologisierende Perspektiven, spezielle Verweise auf menschliche Handlungen oder vergleichbar leitende Faktoren sind in den Bildern nicht präsent um für den Betrachter keinen definitorischen Ansatzpunkt vorzugeben. Aufgrund der zelebrierten Offenheit und Ungebundenheit kommt in den Landschaften auch der Kontrast zwischen privatem und öffentlichem Raum zum Vorschein: Es sind zeitlich als auch räumlich dezentralisierte utopische Kulissen, die für jeden Betrachter einheitliche Projektionsflächen bieten, die weil sie vielmehr eine intime und persönliche Seelenlandschaft darstellen die von der Realität abgekoppelt zu sein scheint als daß sie eine empirische Referenz spezieller Naturgegebenheiten wären, den unruhigen, nervösen und unsicheren individualistischen Erwartungshaltungen eine plane und zum Stillstand gekommene Plattform zu bieten im Stande sind.

Die Bildkonstruktionen sind deshalb utopisch, da sie Plazierungen ohne wirklichen Ort und ohne wirkliche Zeit sind. Es sind additiv aufgebaute Perfektionierungen der Kombinationsmöglichkeiten vor einem realen, ihnen entgegengesetzten Naturhintergrund; Weiter sind sie Verdichtungen und Entschleunigungen von Prozessen und gleichzeitig Residuen einer ideellen, von limitierenden Zeitfaktoren bereinigte Möglichkeiten der Realität. Ebenso zelebrieren sie eine radikale Abwesenheit, eine Isolation und infolgedessen eine Autonomie des Unbestimmten, Unkonkretisierbaren, nicht Kausalen. So gibt es im Unter- oder Nebeneinander der Bilder kein Davor oder Danach, sondern nur jeweils gleichwertige Hypothesen und Propositionen von Möglichkeiten des real Geglaubten, die obwohl sie von Realitätsbezügen nicht völlig freigemacht sind, doch vielmehr Ähnlichkeit zu Träumen aufweisen, die nicht logisch an Zeit, an Kontinuität und Kausalität gebunden sind. Sie sind weniger eine normative oder präskriptive Behauptung als vielmehr ein pures Setzen von Möglichkeiten. Die Landschaften visualisieren mögliche (vergangene und kommende) Landschaften, deren Existenz dennoch niemals in der gezeigten Art realisiert werden kann und in keiner Weise den Anspruch auf eine wie auch immer geartete Form einer Definition von Realität vornehmen. Paradoxerweise negiert gerade die versuchte visuelle Konkretisierung einer möglichen Situation einen Abgleich mit „realen“, tatsächlich existierenden Zuständen, da eine exakte Kongruenz niemals zu erreichen ist. Die Thematik der Bilder impliziert ein Ankommen, einen Prozess, ein Warten auf einen finalen im eigenen Leben wahrnehmbaren Zustand, eine Konkretisierung des Abstrakten das nur als ideelles Konzept konstruiert zu sein scheint. Ausgehend von der konzentrischen, punktuellen sowie individualistischen Situation des Subjektes manifestiert und konkretisiert sich die Zeit in den Bildern im jedem einzelnen Betrachter und nimmt Einfluß auf seine Ideale in Form eines ersehnten Prozesses und gerinnt damit in der Konsequenz zum Spiegelbild der individualistischen Präferenzen.

Durch die Art der Bearbeitung errmöglichen sie eine quasi unendliche Möglichkeit der Variation und erlauben gleichzeitig dem Betrachter eine ebenso unendliche räumliche wie zeitliche Verortung einerseits innerhalb seiner eigenen „Seelenlandschaft“ und andererseits im Abgleich mit den Ausprägungen der ihm als real erscheinenden Welt. Die in die Unendlichkeit verweisende Variation spiegelt sich zum Einen in der ziellosen Abfolge der Serie, da jedes einzelne Bild zwar zu (s)einem Abschluß kommt, die Gesamtheit der Bilder sich aber stets im Prozess befindet, mit jedem neu hinzugefügten Bild restrukturiert wird und die Serie somit stets prozessual bleibt. Die Akkumulation von zeitlichen Zuständen, die in die Landschaften mittels visueller Codes übersetzt werden geht stets von der gleichen Grundstruktur aus und komplementiert die vorher entstandenen Landschaften ohne sich ein innehaltendes Endstadium oder ein absolut finales Ziel setzen zu wollen. Es passiert nichts Neues und Spektakuläres und Vergangenes hinterläßt keine lesbaren, kausalen Spuren. Die antizipierte Entwicklung des Betrachters ist rein illusorisch. Die mittels Computerprogrammen und digitalen Filtern bearbeiteten Bilder ent-schleunigen den vom Betrachter imaginierten unendlichen und zyklischen Naturprozess. Mit Mitteln der Malerei werden die Zustände in den Bildern extrem verlangsamt und für den Betrachter schließlich komplett zum Stillstand gebracht, so daß eine konzentrierte Betrachtung eines einzigen Zustandes, einer spezifischen Ansicht möglich wird. Aus dieser konkreten Position heraus entfalten sich jedoch im nächsten Schritt alle potenziell möglichen Zustände und bringen die Bilder für den Betrachter wieder in Bewegung. Ausgehend von dem visuell konkret fixierten Jetzt-Punkt in den Landschaften, verweisen die Bilder im selben Moment auch auf mögliche Abweichungen dieses Zustandes, bedienen sich individuell erlebter Veränderungen aus dem Zeitbewußtsein des Betrachters, der das Vorherige und Kommende streng logisch und konstruktiv als auch frei, destruktiv und anarchisch imaginieren kann. Die Modifikationen auf der Zeitskala des Betrachter die sich konzentrisch wie Wellen um die konstruierte Gegenwart der Bilder, wie Schalen um den einen präsentierten Zustand legen und ihn immer als Zentrum der Betrachtung und der weiteren Konstruktion behalten müssen, können nur zeitlich gelesen werden. Die Landschaften mögen zwar reale Situationen vorgeben, verweisen aber auf den zweiten Blick aufgrund ihrer Kompositionen, der Farbgebung und nicht zuletzt im Kontext aller anderen, fast identischen Bilder stets ins Irreale und leiten den Betrachter dazu an, die dargestellten Zustände in ihrer Konkretheit und Echtheit sowie die vorgegebene Fixierung innerhalb einer „historischen Zeitlichkeit“ radikal anzuzweifeln. Deshalb entspringen ähnliche aber nun vom Betrachter autonom generierte Konkurrenzbilder aus ihnen, die sich in ihrer visuellen Konstruktion bzw. Manifestation wie Verschiebungen auf einer linearen Zeitskala („timeline“) verstehen lassen könnten – Also zeitliche Vorwegnahmen kommender Zustände oder korrigierte realistischere Versionen der Landschaften zu einem früheren Stadium. Das Bewußtsein erschöpft sich darin, das imaginäre Schauspiel zu erfassen, die Ereignisse durch antizipatorische Schemata vorherzusehen, imaginäre Berge, Gewässer und Wiesen zu synthetisieren oder tageszeittypische Lichtsituationen zu konstruieren. Die Landschaften können als zum Stillstand gekommene Naturphänomene betrachtet werden, als im Hintergrund wirkendes Destillat rhythmischer Konstellationen. Sie können als stille Bühnen für mögliche Situationen und Handlungsabfolgen fungieren und bleiben dennoch möglichst neutral in ihrer jeweiligen Wertung bezüglich der imaginierten Situationen. Die imaginierten Schauplätze oszillieren in ihrer Variation jeweils genau zwischen dem gezeigten Jetzt-Zustand im momentan betrachteten Bild und einer anderen konkreten Situation eines anderen Bildes. Die Möglichkeiten einer vom Betrachter imaginierten Situation sind durch die konkretisierten Manifestationen in den einzelnen Bildern vordefiniert. Die nur unwesentlich variierenden Landschaften bilden zugleich Pole irreeller Konkretisierungen als auch feste Markierungen, die für die imaginäre Wanderung des Betrachters „zwischen den Landschaften“ verpflichtend sind und zeitlich davor oder danach anzusiedeln sind, aber niemals als rivalisierende, parallele, gleichzeitige Situationen. Man muß aber auch erwähnen, daß entgegengesetzt zu der beschriebenen und vom Betrachter automatisch vorgenommenen klassischen Aufteilung in Zeitebenen mit der konkreten Landschaft als einem punktuellen Zentrum, die einzelnen Versionen in den Bildern dennoch keiner Proritätsstruktur unterliegen und eine verbildlichte Situation im Verhältnis zu einer anderen Verbildlichung keine Gewichtung hat.

Die einzelnen Modi der Landschaften mit den spezifischen geografischen Besonderheiten sind aufgrund der Vereinheitlichung mittels Farbe und Struktur der Komposition als nivelliert und gleichwertig zu betrachten. Im Prinzip bietet jede einzelne Landschaft äquivalente Möglichkeiten der Modifikation. Dies führt dazu, daß das Nebeneinander der Bilder als „solidarische Gemeinschaft“ verstanden wird; Und obgleich sie eine sichtbare Un-Natürlichkeit proklamieren, bekommt jedes einzelne konkrete Bild aufgrund der gleichen Potenz zur Transzendenz des dargestellten Zustandes einen objektiven Charakter. So wie ich als Künstler, bevor eine neue Version einer Landschaft gebaut werden kann, zwischen den Möglichkeiten der bereits vorhandenen hin- und herwandern und über diese Hinausgehen muß, muß auch der Betrachter seine Extrapolationen an den bereits existierenden Landschaftsmodi anlehnen und mit seinen gedanklichen Konstruktionen zu diesen Bezug nehmen. Ich schaffe mit einer Landschaft nicht nur ein universelles Vorbild für den Imaginationsraum des Betrachter sondern bin es auch in dem Sinne, daß ich Positionen besetzte und diese als noch zu imaginierende und realisierende Möglichkeit zeitlich dem Betrachter durch eine Konkretisierung vorwegnehme ohne jedoch Klarheit über die topografische oder zeitliche Positionierung zu geben oder gar eine kausale Verbindung unter den Bildern zu etablieren. Das letzte Bild, dasjenige das mit seinem Entstehungsdatum zeitlich am nächsten an der gemeinsamen Betrachter- und Schöpfergegenwart dran ist, gewinnt nur dadurch eine Sonderstellung (und dies auch nur für mich als Künstler da die Datierung dem Betrachter nicht ersichtlich ist und sich die Bilder nicht als chronologische Stapelung und Akkumulation verschiedener Modi präsentieren), daß zum Zeitpunkt seiner Visualisierung und darauffolgenden Eingliederung bzw. Untermischung in den Fundus der vorherigen Landschaften, es innerhalb der (noch möglichen) Sujetsmodifikationen dasjenige gewesen ist das am wahrscheinlichsten in der Natur und in Übereinstimmung mit einem logischen Realitätsmodell antizipiert werden konnte. Jede weitere Bildkonstruktion gewinnt nur für mich stetig an Wert, schöpft und erschafft noch nicht dagewesene oder bereits nicht mehr nachvollziehbare Realitäten und Zeitpunkte, da die verbleibenden möglichen Modifikationen im Rahmen der bis dato konsequent benutzten Farb-, Kompositions- oder Sujetsstrukturen und innerhalb der selbstauferlegten topografischen und zeitlichen Eingrenzung mit jedem weiteren Bild rapide abnehmen und nur mit dem Preis der Repetition, der Langeweile, des Klischees oder der Unglaubwürdigkeit erkauft werden können. Der Zeitpunkt der Entstehung ist keineswegs an den physischen Platz und die tatsächlichen örtlichen oder zeitlichen Faktoren gebunden, sondern an dasjenige (in Bezug zur optischen Konkretisierung willkürliche, unfixierbare und bereits digital transzendierte) Datum der Fertigstellung eines Exemplars am Computer. Die Materialität der Landschaften in den Bildern unterliegt genauso der Kontingenz wie dies auch „reale“ Landschaften tun – die Abfolge und Anordnung bestimmter Objekte in einer natürlichen Umgebung unterliegt nicht nur dem individuellen Standpunkt des Menschen, sondern fern seiner Position auch einer durchaus kausalen und logischen aber als zufällig zu bezeichnenden Raum- und Zeitkonstellation. Dies mag ein weiterer Grund für die vom Betrachterstandpunkt initiierte Reflexion und Neu-Kombination der visuell wahrgenommenen Zustände zu sein, die trotzt der angezweifelten Echtheit der Konstellationen diese vor dem Hintergrund eines zumeist als total kontingent kategorisierten Lebens fokussieren muß. Ob die Situationen der Bilder nun tatsächlich in ihrer vehement und exakt propagierten Kohärenz als solche fotografisch zu unterschiedlichen Zeitpunkten wahrnehmbar waren oder diese einer mehr oder weniger zentral ausgeübten, subjektiven künstlerischen Konstruktion unterliegen die die Auswirkungen von Naturgesetzen einerseits als Destillat unendlich heterogener Zustände, andererseits als geronnene, in einer singulären Position zum Stillstand gekommene Zeit oder schließlich als fiktiver Zeitraffer einer Situation in der Vergangenheit oder der Zukunft zu konterkarrieren scheinen, spielt für die in reale und empirische Kategorien eingebettete Akzeptanz der Bilder durch den Betrachters letztendlich eine untergeordnete Rolle.

Ausgehend von einem flexiblen Kern, der die bereits fixierten Landschaftskonstellationen unhierarchisch enthält, entfaltet sich um diesen herum die Sphäre der kurz bevorstehenden, mit den etablierten Strukturen logisch widerspruchsfrei zu konstruierenden Landschaften, die mit dem Zeitpunkt ihres Entstehens aus dieser Sphäre verschwinden und in den Kern wandern, diesen erweitern und neu zusammenstellen. Dieser Ring zieht sich für mich mit jeder neuen Version eines Bildes immer enger zusammen bis er zukünftig verschwinden wird. Um diese sich stets in Bewegung befindliche Sphäre kreist die Zone der ins Unendliche verweisenden Möglichkeiten – also alle denkbaren Variationen – diejenigen latenten Entwürfe die ich reibungslos einfügen als auch rivalisierende Versionen der Modelle, die das bisher etablierte vereinheitlichende Element zerstören würden. Nach dem Konkretisieren aller innerhalb des Schemas logischen möglichen Derrivate und dem gleichzeitigen Verschwinden des mittleren Ringes, stehen sich dann nur noch streng abgegrenzt alle Visualisierungen und alle noch vom Betrachter imaginierten Landschaften konträr gegenüber. Eine Vermittlung zwischen diesen beiden Bereichen scheint dann ohne ein fundamentales Modifizieren des Grundschemas aller vorherigen Bilder unmöglich. Die empirisch wahrnehmbare Realität des Betrachters ist im Zusammenhang eines einzigen Bildes derart dominant, daß dieses in seiner Isolation vor dem Hintergrund dieser stringenten Realitätsauffassung automatisch „real“ gemacht wird. Die eventuell angebrachten Zweifel äußern sich nur im Kontext mehrerer uniformer Bilder, die vor einem solchen Realitätshintergrund kategorisiert werden müssen; Erst mit diesem Nebeneinanderstellen minimaler Abweichungen kann ein genereller Zweifel an der Realität aller Bilder zum Vorschein kommen. Das sozialisierte Realitätskonzept wird aber mit jeder neuen an das vorherige Schema angelehnten Manifestation einer weiteren Landschaft perforiert und sukzessive durch ein widerspruchsfreies und sich scheinbar der Vollständigkeit annäherndes Konzept der Landschaftsvariationen substituiert so daß jede neue hinzukommende Variation immer mehr im Kontext des durch seine selbstreferentiellen Vorgänger etablierten Konkurrenzmodells betrachtet werden muß und der Betrachter das alte Modell seiner Realität in diesem Zusammenhang als nicht mehr tauglich ansieht. Natürlich ist es grob fahrlässig von „alt“ und „neu“ zu sprechen da es keinen definitiven punktuellen Umschwung geben kann – vielmehr macht es Sinn einen feinen, gradiellen, subjektiv nicht feststellbaren Verlauf innerhalb zweier kontradiktorischer Pole anzunehmen.

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