Jay Rosenberg


Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger. Textgrundlage: Jay F. Rosenberg: Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger. Klostermann, Frankfurt am Main 1989, S. 132-161. 8. Wie man einen philosophischen Streit entscheidet […]

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Bearbeitet

Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger.

Textgrundlage: Jay F. Rosenberg: Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger. Klostermann, Frankfurt am Main 1989, S. 132-161.

8. Wie man einen philosophischen Streit entscheidet

Jay Rosenberg leitet die zweite Zwischenbilanz mit der nochmaligen Betonung der Wichtigkeit der kritischen Prรผfung einer Ansicht ein, mit der Begrรผndung sie sei die fundamentale Form schlechthin, die jede philosophische Unternehmung bestehen mรผsse. Der ultimative MaรŸstab fรผr die Akzeptanz einer These sei die Frage ob sie einer kritischen Prรผfung, die analog zu der zu beurteilenden philosophiscstรผck einer Kritik bilde die interne Kohรคrenz, die vom expliziten Selbstwiderspruch bis zum subtileren MiรŸachten der Regeln des common sense, des vernรผnftigen Denkens untergraben werden kรถnne. Aus den Regelverletzungen ergรคbe sich konsequenterweise die philosophische Kritik, die in fรผnf Kategorien gemessen wurden: ร„quivokation, petiio principii, infititen Regress, verlorenen Gegensatz und leere Behauptung. Bevor Rosenberg in Kapitel Acht eine weitere Form philosophischer Essays erlรคutert, rรผhmt er sich, neben einer klaren Klassifikation von Irr- und Musterwegen im vorigen Kapitel doch ein paar gute Tipps zur Regelung vonย  Bedeutungsfragen innerhalb einer philosophischen Untersuchung gegeben zu haben.

Als zweiten Typ eines philosophischen Essay fรผhrt Rosenberg den urteilenden bzw. richtenden Essay vor, der die simpelste Form zur Prรผfung einer kritischen Ansicht sei und  zweckmรครŸig in sechs Teile gegliedert werden mรถge, anhand derer der Autor zu einer Positionierung der Stรคrken und Schwรคchen der Kontrahenten befรคhigt werden kรถnne. Diese seien wie folgt gegliedert, wobei natรผrlich die Vorgehensweise modifiziert werden kรถnne:

1. Formulierung des Problems

2. Darstellung der 1. Position

3. Bewertung der 1. Position

4. Darstellung der 2. Position

5. Bewertung der 2. Position

6. Entscheidung

1. Als Hindernis bei der Herauskristallisierung des Problems sieht Rosenberg die hohen Anforderung an die Interpretationsfรคhigkeiten des Autors eines kritischen Essays. Eventuelle รœberschneidungen der Meinungen kรถnnten auf der einen 

Mit der Formulierung des Problems als Frage, auf die die Kontrahenten unterschiedliche Antworten geben wรผrden, stelle man dem Leser einen Wegweiser zur Verfรผgung, der eine groรŸe Hilfe sein kรถnne, die kontroversen Texte zu ordnen. Das Kernproblem laut Rosenberg sei die Tatsache, daรŸ die Argumentationen in der dialektischen Diskussion sich nicht zwangslรคufig auf die Hauptthesen bezรถgen sondern die Auseinandersetzungen sich fern dieser Thesen auf die sie stรผtzenden Prรคmissen beriefen. 

2. und 4. Nach der Formulierung des Problems sollten sich die zwei Positionen an dieser Fragestellung dermaรŸen orientieren, daรŸ eine Einsicht in die jeweilige Argumentation der beiden Parteien, bezogen auf das formulierte Problem, mรถglich wรคre. Die Verbindung zwischen dem philosophischen Problem und der argumentierenden Thesen sei in de

n meisten Fรคllen rรผckwรคrts zu rekonstruieren und zusรคtzlich dadurch erschwert, daรŸ die unterschiedlichen Thesen miteinander in Korrelation gebracht werden mรผssen. 

3. und 5. Die Bewertung der unterschiedlichen Positionen bilde den kompliziertesten Teil des Unterfangens, da sowohl die Relevanz der Argumentationen im hypothetischen Falle zu berรผcksichtigen sei – also was die jeweilige Seite auf die rivalisierenden Thesen zu entgegnen hรคtte – als auch eine wohlwollende Darstellung der tatsรคchlich formulierten Thesen vom den Standpunkten des anderen Textes, so daรŸ man einschรคtzen kรถnne was zumindest eine der beiden Parteien als Gegenargumente parat hรคtte. Als Voraussetzung dieser Vorgehensweise sei laut Rosenberg das Lesen der Texte mit der Ambition ihnen ihre maximale Stรคrke zuzugestehen. 

6. Bei der finalen Entscheidung wรคre eine absolute Stellungnahme meistens unmรถglich, vielmehr mรผssห‡e man als Autor darauf bedacht sein ein Amalgam aus den verschiedenen Einsichten der Kontrahenten, womรถglich ergรคnzt durch eigene Thesen, zu formulieren. Unterschiedliche Lesarten der Texte, unterschiedliche Bedeutungen eines benรผtzten Terminus, verschiedene Interpretationen eines Argumentes seitens der Kontrahenten etc. anzugeben, kann nรผtzlich sein, sich  manch begrifflicher Konfusionen zu entziehen und Irrwege in der Argumentation zu verdeutlichen.

Im Fazit sei laut Rosenberg der gut strukturierte kritische Essay eine grรถรŸere Leistung als das Prรผfen einer einzigen Ansicht, da nicht nur die Technik der Dialektik beherrscht werden mรผsse, sondern auch das Formulieren einer eventuell nicht mit der eigenen Position รผbereinstimmenden philosophischen Argumentation zu meistern sei. Dazu bedรผrfe es ein groรŸes MaรŸ an Auslegung und philosophischer Phantasie, die ein weitgehendes Verstehen der Positionen erfordert und nicht nur negativistisch eine einzelne argumentative Position ruinieren will.

9. Wie man ein Pro

Als dritten Typus eines philosophischen Essays, der ebensosehr wie der richtende Essay problemorientiert sei und dazu noch verstรคrkt Selbstรคndigkeit und kreative Kompetenzen des Autors abverlange, sei einer der die Lรถsung eines Problems intendiert und ebenso in sechs Teile gegliedert werden kรถnne. 

1. Formulierung und Analyse des Problems

2. Entwicklung von Kriterien fรผr eine adรคquate Lรถsung

(3. Untersuchung mรถglicher, aber inadรคquater Lรถsungen)

4. Entfaltung der vorgeschlagenen Lรถsung

5. Prรผfung der Adรคquatheit der vorgeschlagenen Lรถsung

(6. Antworten auf erwartbare Kritik)

Anhand dieses Leifadens soll einer konkreten epistemologischen Problemstellung nachgespรผrt werden: 

Astronomen sagen, Licht brauche vier Jahre, um von nรคchstgelegenen Stern bis zu uns zu gelangen. Doch in diesen vier Jahren kรถnnte der Stern aufgehรถrt haben zu existieren, und wir kรถnnen nichts sehen, was nicht existiert. Sehen wir also jemals einen Ster๏ฌ‚n? 

Mit groรŸem Nachdruck erinnert Rosenfeld an die mรถgliche Befreiung und die Freude des Philosophierens und zielt auf die, ihm als sicher geltende, Lรถsung dieses Problems ab, nicht ohne jedoch vorher nochmals auf die enorm wichtigen Implikationen dieses Problems zu verweisen, die einem Anfรคnger unergrรผndlich seien und als ein Problem des Typs โ€žWen kรผmmertโ€˜s?โ€œ deklassiert werden wรผrden. AnschlieรŸend reduziert Rosenberg das Potenzial seiner pรคdagogischen Ambitionen mit dem Argument, der Ursprung des Wunsches nach Wissen mรผsse individuell aus jedem selbst entspringen und sei nicht vermittelbar, ein wenig um anschlieรŸend die Problemstellung genauer zu analysieren. Diese sei nicht die Frage, ob man jemals einen Stern sehe, sondern die unterstellte Behauptung man meine manchmal einen Stern zu sehen, wenn man tatsรคchlich keinen sieht. Mit elementarsten Kentnissen physiologisch-kognitiver Reaktionen lieรŸe sich eine Argumentationskette konstruieren, die davon ausgeht erst etwas zu s๏ฌ‚ehen, wenn Licht auf entsprechende Sehorgane wirkt. Unter diesen Umstรคnden kรถnne es mรถglich sein, daรŸ ein Stern zum Zeitpunkt der Lichtrezeption nicht mehr existiere und die Konsequenz eine paradoxe SchluรŸfolgerung der Art โ€žWir sehen den Stern nicht, weil wir nicht sehen kรถnnen was nicht existiert.โ€œ wรคre. Nach der Klarstellung des Unterschieds zwischen โ€žEtwas wirklich zu sehenโ€œ und derjenigen โ€žEtwas bloรŸ zu sehen meinenโ€œ weist Rosenberg in seiner Analyse darauf hin, daรŸ die Existenz einer Sache nicht von der Empfindung derer durch Wahrnehmungsorgane abgeleitet werden kรถnne. โ€žWenn das, was wir zu sehen meinen, nicht existiert, sehen wir es tatsรคchlich nicht. Wir glauben nur, es zu sehen.โ€œ Die Situation des Sehen-Glaubens lieรŸe sich unter Zuhilfenahme rudimentรคren astronomischen Wissens und des common sense in zwei Fรคlle unterteilen. Erstens: Der gesehene Stern ist tatsรคchlich an dem, ihm anhand der Seherfahrung, zuweisbaren Platz. Zweitens: Der gesehene Stern ist zum Zeitpunktห‡ des Sehens nicht mehr existent. Im Kontrast zur โ€žechtenโ€œ Seherfahrung im ersten Fall, lieรŸe sich im zweiten Fall kein Kriterium finden, das eine Klรคrung des Sehzweifels ermรถglichen wรผrde. Es wรคre denkbar, allen Seherfahrungen aufgrund der identischen Reaktion der Netzhaut die Gewissheit abzusprechen und sie unter den zweiten Fall zu fassen. Um der Widersprรผchlichkeit des common sense mit mancher wissenschaftlichen Hypothese entgegenzuwirken, wird der Vorgang der Seherfahrung von dem Objekt des Sternes auf das Objekt des ausgesandten Lichtes verlagert. Unter dieser wissenschaftlich fundierten Annahme wรคre die Aufassung des common sense jedoch vernachlรคssigt, man sehe tatsรคchlich Dinge ansttatt deren Lichtreflektionen. Der Vorgang des Sehens sei bedingt durch Licht, die Grundlage der Reflektionen seien aber dennoch reale Gegenstรคnde. โ€žDas Licht ist das Mittel optischer Wahrnehmung, nicht deren Gegenstand.โ€œ Ebenso kรถnnte man einen qualitativen Unterschied zwischen einer geglaubten Wahrnehmung machen (z.B. eineht (โ€žWir kรถnnen nichts sehen, was zum Zeitpunkt, in dem wir es zu sehen meinen, nicht existiert.โ€œ) und die zweite Lesart eine radikalere Aussage der Form โ€žWir kรถnnen nichts sehen, was niemals existiert.โ€œ macht. Aufgrund der zweiten Aussage kann man nun widerspruchsfrei behaupten, in beiden Fรคllen des Wahrnehmens tatsรคchlich einen Stern gesehen zu haben. Der Einwand, es sei unmรถglich zu entscheiden welcher Fall von Wahrnehmen vorlรคge, kรถnne entgegnet werden, die Entscheidung sei tatsรคchlich immer individuell, quasi a posteriori, zu treffen, etwa

(A) Wir kรถnnen nicht aufgrund der Untersuchung einer einzelnen Erfahrung behaupten, daรŸ keine Haluzination vorliegt.

Also kรถnnte jede Erfahrung eine Halluzination sein.

(B)  Jede Erfahrung kรถnnte eine Halluzination sein.

Also kรถnnte es sein, daรŸ alle Erfahrungen Halluzinationen sind.

Im AnschluรŸ and die Vorgehensweise zur Verteidigung einer philosophischen These, die unter anderem die Vorwegnahme von Gegenargumenten oder die erhรถhten literarischen Anforderungen nennt, erwรคgt Rosenberg sechs Mรถglichkeiten einen Philosophen zu lesen. 

11. Die Notwendigkeit philosophische Werke auf unterschiedliche We

1. Als erste Mรถglichkeit nennt dabei Rosenberg die Vorgehensweise, einen Philosophen auf seine Resultate hin zu untersuchen und zu beleuchten was den Inhalt des Denkens ausmacht, dieses zu Klassifizieren und gemรครŸ Epochen, Schulen, Stile etc. zu ordnen.

2. Als nรคchsten Schrittt kรถnne man einen Philosophen auf seine Argumente hin lesen, um die den Thesen zugrundeliegende Struktur herauszukristallisieren. In diesem Fall kommt der Frage nach der Richtung des Denkens die Frage nach dem Warum hinzu. Verknรผpfungen verschiedener Konklusionen und die Konstellat

3. Die Positionierung eines philosophischen Argumentes innerhalb der historischen und sozialen Gefรผge sowie die Auswirkungen neu definierter Termini sind Bestandteil der Interpretation eines Philosophen in seinem dialektischen Zusammenhang, dem Wie des Denkens.

4. Anhand der Resultate der Argumentationen, der benรผtzten Argumente und dem  Verstehen derer, kรถnne man dazu รผbergehen einen Philosophen kritisch zu lesen. Hier mรผsse man wiederum hypothetische Antworten auf eventuelle Kritik formulieren kรถnnen, sich auf einen Dialog mit den philosophischen Argumenten einlassen kรถnnen und รผber oberflรคchliche philosophische Spitzfindigkeiten hinausgehen.

5. Man kรถnne einen Text auch zielgerichtet auf die Entscheidung eines Problems hin lesen indem man die Argumentat

6. Abseits der vorherigen Methoden, positioniert Rosenberg die Mรถglichkeit einen Philosophen kreativ zu lesen. Die Probleme des philosophischen Textes hรคtten die Grenze zur eigenen Position transzendiert und die Fragestellungen subjektiviert. 

Im Rรผckblick weist Rosenberg auf die Notwendigkeit von Schranken und Limitationen hin, die um sich derer bewuรŸt zu machen, erst mittels des Denkens zu lรถsen sind. Auch sollte man sich der Mรถglichkeit bewuรŸt sein, aufgrund des Privilegs der Sprache und Vernunft mit dieser menschlichen Lust nach Befreiung und Klarheit an ein Ziel kommen zu kรถnnen.

Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger.

Textgrundlage: Jay F. Rosenberg: Philosophieren – Ein Handbuch fรผr Anfรคnger. Klostermann, Frankfurt am Main 1989, S. 132-161.

8. Wie man einen philosophischen Streit entscheidet

Jay Rosenberg leitet die zweite Zwischenbilanz mit der nochmaligen Betonung der Wichtigkeit der kritischen Prรผfung einer Ansicht ein, mit der Begrรผndung sie sei die fundamentale Form schlechthin, die jede philosophische Unternehmung bestehen mรผsse. Der ultimative MaรŸstab fรผr die Akzeptanz einer These sei die Frage ob sie einer kritischen Prรผfung, die analog zu der zu beurteilenden philosophiscstรผck einer Kritik bilde die interne Kohรคrenz, die vom expliziten Selbstwiderspruch bis zum subtileren MiรŸachten der Regeln des common sense, des vernรผnftigen Denkens untergraben werden kรถnne. Aus den Regelverletzungen ergรคbe sich konsequenterweise die philosophische Kritik, die in fรผnf Kategorien gemessen wurden: ร„quivokation, petiio principii, infititen Regress, verlorenen Gegensatz und leere Behauptung. Bevor Rosenberg in Kapitel Acht eine weitere Form philosophischer Essays erlรคutert, rรผhmt er sich, neben einer klaren Klassifikation von Irr- und Musterwegen im vorigen Kapitel doch ein paar gute Tipps zur Regelung vonย  Bedeutungsfragen innerhalb einer philosophischen Untersuchung gegeben zu haben.

Als zweiten Typ eines philosophischen Essay fรผhrt Rosenberg den urteilenden bzw. richtenden Essay vor, der die simpelste Form zur Prรผfung einer kritischen Ansicht sei und  zweckmรครŸig in sechs Teile gegliedert werden mรถge, anhand derer der Autor zu einer Positionierung der Stรคrken und Schwรคchen der Kontrahenten befรคhigt werden kรถnne. Diese seien wie folgt gegliedert, wobei natรผrlich die Vorgehensweise modifiziert werden kรถnne:

1. Formulierung des Problems

2. Darstellung der 1. Position

3. Bewertung der 1. Position

4. Darstellung der 2. Position

5. Bewertung der 2. Position

6. Entscheidung

1. Als Hindernis bei der Herauskristallisierung des Problems sieht Rosenberg die hohen Anforderung an die Interpretationsfรคhigkeiten des Autors eines kritischen Essays. Eventuelle รœberschneidungen der Meinungen kรถnnten auf der einen 

Mit der Formulierung des Problems als Frage, auf die die Kontrahenten unterschiedliche Antworten geben wรผrden, stelle man dem Leser einen Wegweiser zur Verfรผgung, der eine groรŸe Hilfe sein kรถnne, die kontroversen Texte zu ordnen. Das Kernproblem laut Rosenberg sei die Tatsache, daรŸ die Argumentationen in der dialektischen Diskussion sich nicht zwangslรคufig auf die Hauptthesen bezรถgen sondern die Auseinandersetzungen sich fern dieser Thesen auf die sie stรผtzenden Prรคmissen beriefen. 

2. und 4. Nach der Formulierung des Problems sollten sich die zwei Positionen an dieser Fragestellung dermaรŸen orientieren, daรŸ eine Einsicht in die jeweilige Argumentation der beiden Parteien, bezogen auf das formulierte Problem, mรถglich wรคre. Die Verbindung zwischen dem philosophischen Problem und der argumentierenden Thesen sei in de

n meisten Fรคllen rรผckwรคrts zu rekonstruieren und zusรคtzlich dadurch erschwert, daรŸ die unterschiedlichen Thesen miteinander in Korrelation gebracht werden mรผssen. 

3. und 5. Die Bewertung der unterschiedlichen Positionen bilde den kompliziertesten Teil des Unterfangens, da sowohl die Relevanz der Argumentationen im hypothetischen Falle zu berรผcksichtigen sei – also was die jeweilige Seite auf die rivalisierenden Thesen zu entgegnen hรคtte – als auch eine wohlwollende Darstellung der tatsรคchlich formulierten Thesen vom den Standpunkten des anderen Textes, so daรŸ man einschรคtzen kรถnne was zumindest eine der beiden Parteien als Gegenargumente parat hรคtte. Als Voraussetzung dieser Vorgehensweise sei laut Rosenberg das Lesen der Texte mit der Ambition ihnen ihre maximale Stรคrke zuzugestehen. 

6. Bei der finalen Entscheidung wรคre eine absolute Stellungnahme meistens unmรถglich, vielmehr mรผssห‡e man als Autor darauf bedacht sein ein Amalgam aus den verschiedenen Einsichten der Kontrahenten, womรถglich ergรคnzt durch eigene Thesen, zu formulieren. Unterschiedliche Lesarten der Texte, unterschiedliche Bedeutungen eines benรผtzten Terminus, verschiedene Interpretationen eines Argumentes seitens der Kontrahenten etc. anzugeben, kann nรผtzlich sein, sich  manch begrifflicher Konfusionen zu entziehen und Irrwege in der Argumentation zu verdeutlichen.

Im Fazit sei laut Rosenberg der gut strukturierte kritische Essay eine grรถรŸere Leistung als das Prรผfen einer einzigen Ansicht, da nicht nur die Technik der Dialektik beherrscht werden mรผsse, sondern auch das Formulieren einer eventuell nicht mit der eigenen Position รผbereinstimmenden philosophischen Argumentation zu meistern sei. Dazu bedรผrfe es ein groรŸes MaรŸ an Auslegung und philosophischer Phantasie, die ein weitgehendes Verstehen der Positionen erfordert und nicht nur negativistisch eine einzelne argumentative Position ruinieren will.

9. Wie man ein Pro

Als dritten Typus eines philosophischen Essays, der ebensosehr wie der richtende Essay problemorientiert sei und dazu noch verstรคrkt Selbstรคndigkeit und kreative Kompetenzen des Autors abverlange, sei einer der die Lรถsung eines Problems intendiert und ebenso in sechs Teile gegliedert werden kรถnne. 

1. Formulierung und Analyse des Problems

2. Entwicklung von Kriterien fรผr eine adรคquate Lรถsung

(3. Untersuchung mรถglicher, aber inadรคquater Lรถsungen)

4. Entfaltung der vorgeschlagenen Lรถsung

5. Prรผfung der Adรคquatheit der vorgeschlagenen Lรถsung

(6. Antworten auf erwartbare Kritik)

Anhand dieses Leifadens soll einer konkreten epistemologischen Problemstellung nachgespรผrt werden: 

Astronomen sagen, Licht brauche vier Jahre, um von nรคchstgelegenen Stern bis zu uns zu gelangen. Doch in diesen vier Jahren kรถnnte der Stern aufgehรถrt haben zu existieren, und wir kรถnnen nichts sehen, was nicht existiert. Sehen wir also jemals einen Ster๏ฌ‚n? 

Mit groรŸem Nachdruck erinnert Rosenfeld an die mรถgliche Befreiung und die Freude des Philosophierens und zielt auf die, ihm als sicher geltende, Lรถsung dieses Problems ab, nicht ohne jedoch vorher nochmals auf die enorm wichtigen Implikationen dieses Problems zu verweisen, die einem Anfรคnger unergrรผndlich seien und als ein Problem des Typs โ€žWen kรผmmertโ€˜s?โ€œ deklassiert werden wรผrden. AnschlieรŸend reduziert Rosenberg das Potenzial seiner pรคdagogischen Ambitionen mit dem Argument, der Ursprung des Wunsches nach Wissen mรผsse individuell aus jedem selbst entspringen und sei nicht vermittelbar, ein wenig um anschlieรŸend die Problemstellung genauer zu analysieren. Diese sei nicht die Frage, ob man jemals einen Stern sehe, sondern die unterstellte Behauptung man meine manchmal einen Stern zu sehen, wenn man tatsรคchlich keinen sieht. Mit elementarsten Kentnissen physiologisch-kognitiver Reaktionen lieรŸe sich eine Argumentationskette konstruieren, die davon ausgeht erst etwas zu s๏ฌ‚ehen, wenn Licht auf entsprechende Sehorgane wirkt. Unter diesen Umstรคnden kรถnne es mรถglich sein, daรŸ ein Stern zum Zeitpunkt der Lichtrezeption nicht mehr existiere und die Konsequenz eine paradoxe SchluรŸfolgerung der Art โ€žWir sehen den Stern nicht, weil wir nicht sehen kรถnnen was nicht existiert.โ€œ wรคre. Nach der Klarstellung des Unterschieds zwischen โ€žEtwas wirklich zu sehenโ€œ und derjenigen โ€žEtwas bloรŸ zu sehen meinenโ€œ weist Rosenberg in seiner Analyse darauf hin, daรŸ die Existenz einer Sache nicht von der Empfindung derer durch Wahrnehmungsorgane abgeleitet werden kรถnne. โ€žWenn das, was wir zu sehen meinen, nicht existiert, sehen wir es tatsรคchlich nicht. Wir glauben nur, es zu sehen.โ€œ Die Situation des Sehen-Glaubens lieรŸe sich unter Zuhilfenahme rudimentรคren astronomischen Wissens und des common sense in zwei Fรคlle unterteilen. Erstens: Der gesehene Stern ist tatsรคchlich an dem, ihm anhand der Seherfahrung, zuweisbaren Platz. Zweitens: Der gesehene Stern ist zum Zeitpunktห‡ des Sehens nicht mehr existent. Im Kontrast zur โ€žechtenโ€œ Seherfahrung im ersten Fall, lieรŸe sich im zweiten Fall kein Kriterium finden, das eine Klรคrung des Sehzweifels ermรถglichen wรผrde. Es wรคre denkbar, allen Seherfahrungen aufgrund der identischen Reaktion der Netzhaut die Gewissheit abzusprechen und sie unter den zweiten Fall zu fassen. Um der Widersprรผchlichkeit des common sense mit mancher wissenschaftlichen Hypothese entgegenzuwirken, wird der Vorgang der Seherfahrung von dem Objekt des Sternes auf das Objekt des ausgesandten Lichtes verlagert. Unter dieser wissenschaftlich fundierten Annahme wรคre die Aufassung des common sense jedoch vernachlรคssigt, man sehe tatsรคchlich Dinge ansttatt deren Lichtreflektionen. Der Vorgang des Sehens sei bedingt durch Licht, die Grundlage der Reflektionen seien aber dennoch reale Gegenstรคnde. โ€žDas Licht ist das Mittel optischer Wahrnehmung, nicht deren Gegenstand.โ€œ Ebenso kรถnnte man einen qualitativen Unterschied zwischen einer geglaubten Wahrnehmung machen (z.B. eineht (โ€žWir kรถnnen nichts sehen, was zum Zeitpunkt, in dem wir es zu sehen meinen, nicht existiert.โ€œ) und die zweite Lesart eine radikalere Aussage der Form โ€žWir kรถnnen nichts sehen, was niemals existiert.โ€œ macht. Aufgrund der zweiten Aussage kann man nun widerspruchsfrei behaupten, in beiden Fรคllen des Wahrnehmens tatsรคchlich einen Stern gesehen zu haben. Der Einwand, es sei unmรถglich zu entscheiden welcher Fall von Wahrnehmen vorlรคge, kรถnne entgegnet werden, die Entscheidung sei tatsรคchlich immer individuell, quasi a posteriori, zu treffen, etwa

(A) Wir kรถnnen nicht aufgrund der Untersuchung einer einzelnen Erfahrung behaupten, daรŸ keine Haluzination vorliegt.

Also kรถnnte jede Erfahrung eine Halluzination sein.

(B)  Jede Erfahrung kรถnnte eine Halluzination sein.

Also kรถnnte es sein, daรŸ alle Erfahrungen Halluzinationen sind.

Im AnschluรŸ and die Vorgehensweise zur Verteidigung einer philosophischen These, die unter anderem die Vorwegnahme von Gegenargumenten oder die erhรถhten literarischen Anforderungen nennt, erwรคgt Rosenberg sechs Mรถglichkeiten einen Philosophen zu lesen. 

11. Die Notwendigkeit philosophische Werke auf unterschiedliche We

1. Als erste Mรถglichkeit nennt dabei Rosenberg die Vorgehensweise, einen Philosophen auf seine Resultate hin zu untersuchen und zu beleuchten was den Inhalt des Denkens ausmacht, dieses zu Klassifizieren und gemรครŸ Epochen, Schulen, Stile etc. zu ordnen.

2. Als nรคchsten Schrittt kรถnne man einen Philosophen auf seine Argumente hin lesen, um die den Thesen zugrundeliegende Struktur herauszukristallisieren. In diesem Fall kommt der Frage nach der Richtung des Denkens die Frage nach dem Warum hinzu. Verknรผpfungen verschiedener Konklusionen und die Konstellat

3. Die Positionierung eines philosophischen Argumentes innerhalb der historischen und sozialen Gefรผge sowie die Auswirkungen neu definierter Termini sind Bestandteil der Interpretation eines Philosophen in seinem dialektischen Zusammenhang, dem Wie des Denkens.

4. Anhand der Resultate der Argumentationen, der benรผtzten Argumente und dem  Verstehen derer, kรถnne man dazu รผbergehen einen Philosophen kritisch zu lesen. Hier mรผsse man wiederum hypothetische Antworten auf eventuelle Kritik formulieren kรถnnen, sich auf einen Dialog mit den philosophischen Argumenten einlassen kรถnnen und รผber oberflรคchliche philosophische Spitzfindigkeiten hinausgehen.

5. Man kรถnne einen Text auch zielgerichtet auf die Entscheidung eines Problems hin lesen indem man die Argumentat

6. Abseits der vorherigen Methoden, positioniert Rosenberg die Mรถglichkeit einen Philosophen kreativ zu lesen. Die Probleme des philosophischen Textes hรคtten die Grenze zur eigenen Position transzendiert und die Fragestellungen subjektiviert. 

Im Rรผckblick weist Rosenberg auf die Notwendigkeit von Schranken und Limitationen hin, die um sich derer bewuรŸt zu machen, erst mittels des Denkens zu lรถsen sind. Auch sollte man sich der Mรถglichkeit bewuรŸt sein, aufgrund des Privilegs der Sprache und Vernunft mit dieser menschlichen Lust nach Befreiung und Klarheit an ein Ziel kommen zu kรถnnen.

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